Horta heißt die erste Station meiner kurzen Rundreise durch die Azoren. Sie beginnt mit einer durchwachten Nacht in einer schmierigen Pension. Hier atmet das Holz die ganze Luft, für mich bleibt kaum etwas übrig. Etliche Mücken kommen hinzu und zwingen mich, die Nacht zum Tag zu machen. So kann ich dem Baggerboot im Hafen zusehen und den Sonnenaufgang genießen. Leider muss ich nun eine andere Unterkunft suchen, was aber in der Nebensaison kein Problem ist.
Ich beschließe, einen kurzen Spaziergang zu machen. Der Weg führt hinter dem Hotel nach oben. Ins Landesinnere steigen die Straßen Hortas steil an. Die Gegend ist ländlich geprägt von den vielen Weiden, die in einem satten Grün leuchten. Etliche Kühe stehen gelangweilt in der Gegend herum. Ich bummele ganz verträumt durch die Landschaft und werde nur durch das plötzliche und penetrante Kläffen von übermotivierten Hunden aus meinen Träumen gerissen. Ich hoffe inständig, dass niemand vergessen hat, sein Gartentor zuzusperren, denn die Köter sehen nicht gerade liebevoll aus. Es ist Sonntag, und deshalb freue ich auf dem Rückweg, dass ein kleiner Laden geöffnet hat, in dem ich ein paar Kleinigkeiten einkaufen kann.
Ich blicke ehrfurchtsvoll nach Pico rüber, wo der Berg wieder von Wolken verhüllt wird. Am Hafen scheint die Sonne, ich sehe mir neben den Booten einige Bilder auf der Kaimauer an, die SeglerInnen bei ihrem Stopp in Horta gemalt haben. Sogar eine Crew aus Lübeck hat sich hier verewigt. Ein paar Hundert Meter weiter liegt die Badebucht von Horta. Es befinden sich nur wenige Menschen am Strand und nur ein paar im Wasser. Am späten Nachmittag ist es hier angenehm warm, währen das Sonnenlicht die Bucht in gelbrote Farben taucht.
Viel Leben kann ich in Horta nicht entdecken. Nur einige Läden haben Anfang September geöffnet. Die meisten Menschen auf den Straßen sind TouristInnen, die über die wenigen offenen Bars und Restaurants herfallen. Ich entscheide mich für das »legendäre« Peters Café Sport. Ich fühle mich in dem Raum ganz wohl, doch das wenige Personal ist mit den vielen Gästen hoffnungslos überfordert. Hektik und Unzufriedenheit sind die Folge. Vielleicht hätte ich dieses Mal der Empfehlung meines Reiseführers folgen und nur etwas trinken sollen. Ein müßiger Gedanke, ich weiß.
In Horta ist alles ganz schön: der Hafen, die Promenade, das Stadtzentrum, die Badebucht etc. Ja, alles ganz schön, mehr aber auch nicht! Nichts Spektakuläres, alles plätschert so dahin. Mir fehlt hier einfach mehr Leben!Sieht es hier im Sommer wirklich so viel anders aus? Die Texte in den Reiseführern lassen dies vermuten.
Der neu gebaute Fährhafen ist wahrlich nicht schön, eher potthässlich, eine einzige farblose Betonwüste. Das hätte mit mehr Phantasie (und vermutlich mit etwas mehr Geld) ganz anders aussehen können. Immerhin funktioniert hier alles reibungslos. Meine beiden Fähren nach São Jorge und Pico fahren pünktlich ab. Und auf beiden Rückfahrten nach Faial freue ich mich, am Abend noch ein paar Stunden durch Horta schlendern zu dürfen.
Nach dem leckeren Frühstück in dem kleinen Hotel muss ich zum Flughafen, denn es geht weiter nach Flores. Auf der Terrasse des Flughafens versucht eine Mutter ihrer kleinen Tochter zu erklären, dass die Flugzeuge aufgrund der jeweiligen Windrichtung mal von rechts und mal von links landen. Gespanntes Warten auf die angekündigten Flieger beginnt. Dann landet das erste Flugzeug an diesem Tag und kommt von links, kurze Zeit später das zweite jedoch von rechts. Der vorwurfsvolle Blick des Kindes durchbohrt das Herz der Mutter. Als die gerade zu neuen Erklärungen ansetzen will, stellt die Kleine trocken fest: »Os aviões são malucos.« (»Flugzeuge sind bescheuert.«)