Auf São Miguel und Ponta Delgada bin ich besonders gespannt. Schließlich ist dies die größte Azoreninsel mit den meisten BesucherInnen. Doch schon im Innenhof meiner kleinen Pension fällt mir der über der Stadt liegende Kerosin-Gestank auf. Das riecht wirklich ekelig. Die SATA-Flieger sausen in extrem geringem Abstand über die Häuser der Stadt zum nahe gelegenen Flughafen. Und auch sonst ist der erste Eindruck gemischt: Der schöne Blick auf den Hafen wird durch aufdringliche Gestalten gestört, die angetrunken oder mit Drogen vollgepumpt die Menschen nerven. Hier gibt es viele »kaputte« Leute und auch unangenehme Gestalten, die auf Zetteln Frauen für Sexdienste anpreisen. Ohnehin ist der Anteil der wenig sympathisch wirkenden Menschen hier im Vergleich zu den anderen Inseln extrem hoch. Natürlich gibt es auch viele freundliche Leute wie die Vermieterin mit ihrem wunderbar praktisch veranlagten Sohn oder den Kellner in einem Restaurant an den Docks, der durch Charme und Esprit deutlich macht, dass er Spaß an seiner Arbeit hat.
Ich miete mir ein Auto und fahre in den nächsten beiden Tage über die Insel, um einen Eindruck von den vielen Orten zu gewinnen. Das Wetter macht es mir nicht immer leicht, und so versinken Vila Franca do Campo und Maia im Regen. Doch am Nachmittag klart es auf, und meine ursprünglich geplante Route nach Sete Cidades und den Lagoas lässt sich doch noch abfahren. Diese Lagoas beeindrucken mich. Sie sind im engeren Sinn ja nur kleine Seen, aber sie strahlen auch etwas Geheimnisvolles aus. Vielleicht auch nur deshalb, weil alle das so sagen?
Ich halte an vielen Stellen an der Küste und genieße die sich bietenden Ausblicke. Die Sonne taucht die Felsen in angenehmes Licht. Da will auch der Himmel nicht zurückstehen und beeindruckt durch leuchtendes Blau. Mir macht es Spaß, mich so die Küste entlang treiben zu lassen. Und so kehre ich voller Zufriedenheit am Abend nach Ponta Delgada zurück.
Auch am nächsten Tag spielt das Wetter Katz und Maus mit mir. Die Idee, an die Nordküste zu fahren, rettet mich (vorläufig). Maia sieht nicht mehr nach Weltuntergang aus, sondern präsentiert sich als geschäftiger kleiner Ort, der in jedem Fall einen Stopp Wert ist. Freundliche Menschen, schöne Häuser und einige ländlich anmutende Gärten versüßen mir hier die Zeit. Auf der Weiterfahrt nach Nordeste wird es immer sonniger, die Euphorie auf einen wundervollen Tag steigt. Und dieses Nordeste fasziniert mich: Leuchtende Farben, tolle Plätze, schicke Häuser, freundliche Menschen und eine interessante Brücke sind angenehm für alle Sinne. Die Kamera freut sich und arbeitet die an sie gestellten Anforderungen gewohnt sicher ab.
Doch schon kurz hinter Nordeste ist es mit dem schönen Wetter abrupt vorbei. Regen und Nebel bestimmen die Fahrt in den Süden. Ich hoffe noch auf eine Besserung im Landesinneren. Doch vergeblich. Wie gern würde ich eine gemütliche Wanderung in Furnas machen und das sich andeutende Grün in der Umgebung genießen. Daran ist nicht zu denken. Und nach einer Pause und der vergeblichen Hoffnung auf einen Wetterumschwung bin ich zum zweiten Mal nach Vila Franca do Campo gefahren, der ehemaligen Hauptstadt São Miguels. Doch auch hier ist es mit der anfänglichen Herrlichkeit des Wetters schnell vorbei und die mir gefolgten Regenwolken schütten ihr Nass über der Stadt aus. Die geplante Fahrt zum Lagoa do Congo lasse ich lieber, um mir eine weitere Enttäuschung zu ersparen. Nun folgt die Rückfahrt nach Ponta Delgada. An diesem Abend brauche ich ein Gläschen leckeren Wein als kleinen Ausgleich für den durchwachsenen Tag.