Bus Nummer 113 fährt von Funchal aus direkt in die ehemalige Walfängerstadt Caniçal. Heute ist von der blutige Jagd auf Wale kaum ein sichtbares Zeugnis zu finden. Nur ein Museum informiert über die vergangenen Zeiten, während Whalewatching-Angebote die getöteten Wale auch nicht wieder lebendig machen. Ich finde es hier nicht gerade spannend und beschließe, die Wanderung nach Machico zu beginnen, zumal der Himmel nur vordergründig freundlich wirkt.
Ich komme zu einer alten römischen Steinbrücke, die über die Ribeira do Natal führt und etwas unmotiviert in der Landschaft steht, um es ein wenig salopp zu formulieren. Der folgende Weg ist ein uralter Küstenpfad, der sich auf teilweise schmalem Pfad an den Bergen entlang schlängelt und schnell an Höhe gewinnt. Ein letzter Blick auf Caniçal, bevor die Stadt nach der nächsten Kurve aus dem Blickfeld verschwindet. Außer mir ist hier niemand, einfach wundervoll.
Der sich zuziehende Himmel verhindert schönere Blicke. So lebt die Wanderung auch ein wenig von dem Wissen, dass auf diesem historischen Pfad vor einigen Jahrhunderten schon Menschen nach Machico gegangen sind, weil es damals keine andere Möglichkeit gab. Ich komme schließlich zu einer Straße, die nach einem kurzen Aufstieg am Pico do Facho endet. Hier gibt es sogar einen Grillplatz. Für die PortugiesInnen, die nicht zu Fuß sondern (natürlich) mit dem Auto kommen. Unter den Sendemasten gibt es Terrassen, von denen man in viele Richtungen blicken kann. Bei schönerem Wetter sicherlich ein noch spannenderer Ort.
Das Licht um mich herum ist seltsam milchig getrübt. Mein Wunsch nach sonnigen Strahlen scheint niemanden zu interessieren. Ich habe das Gefühl, mich beeilen zu müssen, da dem Wetter nicht zu trauen ist. Eine vorzügliche Vorahnung, denn als ich den steilen Abstieg nach Machico gerade hinter mir habe, beginnt es auch schon zu nieseln. Bei angenehmen Temperaturen zwar, aber der zurückliegende Weg über das Gras der Weiden wäre vor einigen Minuten ganz schön rutschig geworden.
Ich mag gerne alleine wandern. Doch auf Strecken, auf denen kaum eine andere Menschenseele unterwegs ist, sollte man wirklich vorsichtig sein, da jederzeit ein Wetterumschwung möglich ist oder man aus anderen Gründen Unterstützung braucht. Auf die Möglichkeit, per Mobiltelefon Hilfe zu holen, sollte man sich nicht verlassen, weil Mobiltelefone in den Bergen bisweilen gar keinen Empfang haben.
Machico ist die alte Inselhauptstadt und hat sogar – was auf Madeira selten ist – einen kleinen Sandstrand. Mir ist der Ort sehr sympathisch, trotz wechselhaften Wetters. Ich treffe auf freundliche Menschen und weiß, dass ich in einem anderen Jahr noch mal wieder nach Machico fahren werde. Das habe ich in der Zwischenzeit auch getan, aber auch dieses Mal spielt das Wetter nicht mit. Es nieselt nur minimal, doch die Gipfel der Berge sind wieder von Wolken verdeckt. Die Hoffnung auf einige schöne Fotos der einstigen Hauptstadt mit klaren Farben und schönem Himmelsblau, begrabe ich schnell. Auf ein drittes Mal also. Vielleicht 2013…