Elétrico 28

Mit der Straßenbahn zu fahren ist nichts Besonderes. Sollte man meinen. Aber weit gefehlt! Mit der Linie 28 in Lissabon zu fahren ist definitiv eine außergewöhnliche Erfahrung. Und wenn ich dir einen Tipp geben darf: Der Charme dieser Linie erschließt sich nicht bei einer Fahrt über lediglich vier oder fünf Stationen. Fahre doch ruhig bis nach Prazeres, der Endstation am »Cemitério dos Prazeres«, dem Friedhof der Freuden. Ja, die PortugiesInnen sind so sentimental! Und dann wieder in die andere Richtung nach Moniz.

Auf dem Weg kriegst du alle besonderen Momente der 28 mit. Sie düst von Prazeres aus durch Ourique nach Estrela. Auf der linken Seite liegt der »Jardím da Estrela«, dieser wunderschöne Park mit seiner kleinen Bibliotkek, und auf der rechten die gigantisch anmutende »Basilica da Estrela«, eine weiße Kirche mit zwei gigantischen Türmen, was ich mal so frei von irgend welchen religiösen Gefühlen sagen möchte. Und wenn es danach runter nach Santos geht, hoffen vermutlich alle, dass die Bremsen funktionieren. Puuh, bisher war das der Fall. Hoffen wir alle gemeinsam, dass das auch zukünftig so sein wird.

Nach dem folgenden Aufstieg bis Santa Catarina siehst du auch schon bekannte Gefilde am Praça Luis Camões. Vorbei am »Café Brasileira« geht es nach einigen Ecken und wenigen Kanten durch die Rua do Comércio runter in die Baixa. Hier steigen die meisten TouristInnen zu. Oft ohne vorher gekaufte Fahrkarte, womöglich noch mit 20- oder 50-Euro-Schein. Der Einstieg dauert dadurch extrem lange. Nervig, einfach nur nervig für viele PortugiesInnen, die die Straßenbahn als normales Verkehrsmittel nutzen, um möglichst schnell von A nach B zu kommen. Es ist in jedem Fall eine nette Geste, seine Fahrkarte (Viva viagem oder Sete Colinas) vorher am Kiosk zu kaufen.

Wie dem auch sei: Die Straßenbahn stampft dann rauf zur Sé und weiter zu zwei bemerkenswerten Aussichtspunkten am Rande der Alfama. Wer rauf zur Burg möchte, muss hier aussteigen. Aber du willst ja die Geheimnisse der Linie 28 kennenlernen. Und in diesem speziellen Fall ist Aussteigen natürlich streng »verboten«.

Anschließend fährst du durch typische Lissaboner Wohnviertel und so ganz nebenbei um Ecken, von denen du nie geglaubt hättest, dass eine Straßenbahn da überhaupt fahren kann. Doch die Linie 28 ist eben etwas Besonderes. Ich glaube, ich hatte dies bereits erwähnt.

Der Stadtteil Graça liegt ziemlich weit oben, deshalb geht es nun bergauf. Am »Largo da Graça« befindet sich eine Haltestelle. Wer will, kann hier aussteigen und zu dem wunderschönen Aussichtspunkt an der Igreja da Graça pilgern, Kaffee trinken und den tollen Blick auf Lissabon genießen. Mit Zwischenstopp oder nicht: Die Fahrt mit der 28 geht noch weiter, zunächst durch den Arbeiterstadtteil Graça und dann bergab nach Moniz, dem an vielen Ecken renovierten und erneuerten Stadtteil. Die 28 hat hier eine ihrer beiden am weitesten auseinander liegenden Endstationen, an einem schönen Platz gelegen mit Wasserspielen, Cafés und einem spannendem Blick auf die neu gebauten Gebäude.

Das war ein erster Eindruck mit der Linie 28. Hast du schon genug? Wenn ja, gehe deines Weges. Wenn nicht: Die Rückfahrt macht mindestens genau so viel Spaß, Es muss ja nicht bis nach »Prazeres« gehen. Fahre doch einfach bis zum »Praça Luis Camões« und genieße eine Bica in der »Brasileira«. Ist ja nur ein Vorschlag...