Flüsse werden vermutlich immer für Mythen und Geschichten aller Art herhalten müssen. Der Tejo macht da keine Ausnahme, wird oft besungen und hat natürlich schon dadurch seinen besonderen Reiz, dass ihn viele Menschen täglich mit Schiffen überqueren, um in die Stadt ihrer Wünsche zu gelangen. Meine erste Begegnung mit diesem Fluss habe ich ja schon unter »Bom dia, Lisboa« beschrieben. Diese halbstündige Bootsfahrt mit dem bahneigenen Schiff werde ich nie vergessen. Vielleicht auch deshalb nicht, weil der Blick auf die Stadt so faszinierend ist. Freie Sicht, sommerliche Temperaturen, Schiffssirenen, plätschernde Wellen. Und nicht zuletzt diese auch aus der Ferne beeindruckende »Ponte 25 de Julho«, in doppelstöckiger Bauweise errichtet, so dass sie gleichzeitig von Autos und Zügen befahren werden kann.
Anfang der achtziger Jahre gibt es die »Vasco da Gama« ja noch nicht, die zweite große Brücke über den Tejo. Aber die Konstruktion dieser mit allem Drum und Dran 1700 Meter langen Brücke macht aus dieser im Zuge der Expo 1998 gebauten Tejo-Brücke einen echten Hingucker.
Wenn du einen Besuch des Parque das Nações planst oder ins Oceanário willst, bietet sich dafür der späte Nachmitag an, um anschließend noch ein Stündchen am Tejo entlang zu flanieren oder auf einer der Bänke zu entspannen. Dort lässt sich gut träumen und die Begegnung mit den riesigen Fischen im Oceanário Revue passieren. Dort in der Nähe liegen auch der Bahnhof Oriente und einige mit großen Glasfassaden erbaute Hochhäuser. Zusammen mit dem Tejo leuchten diese Bauwerke gerade am Abend in schönen Farben.
Und auch sonst hat die Lissaboner Stadtverwaltung in den letzten Jahren einiges getan, um das Ambiente am Tejo aufzuwerten. Wenn du am Cais do Sodré losgehst, führt der Weg direkt am Fluss entlang bis nach Belém und weiter. Dabei gehst du unter der Ponte 24 de Julho durch. Man kann riesige Schiffe beobachten und an den Docas in Alcântara eine Pause machen. Immer mehr JoggerInnen und RadfahrerInnen nutzen diesen neu angelegten Weg zur sportlichen Betätigung.
Die Wege führen ja immer weiter. In beide Richtungen: Ins Landesinnere Richtung Vila Franca de Xira, und nach Westen bis nach Cascais. Für mich isr der Tejo eine wundervolle Umgebung für Spaziergänge. Ich selbst finde den Weg von Cascais nach São José do Estoril großartig, am liebsten wieder in der späten Nachmittagssonne.
Und dann sind da ja auch noch die vielen Hafenstationen: Von Terreiro do Paço, Cais do Sodré oder auch von Belém aus fahren Boote regelmäßig auf die andere Seite des Flusses. Wenn du Zeit und Lust hast, fahre ruhig mal mit dem Schiff vom Terreiro do Paço nach Montijo und weiter per Bus nach Alcochete oder von Belém nach Trafaria. Einfach die Bootsfahrt genießen, die tollen Blicke auf Lisboa oder Belém und auch die schönen Farben, Plätze und Eigenarten der kleinen Orte auf der anderen Seite.
Auch zu später Stunde gehe ich gern einmal über den Praça do Comércio die Stufen runter zu dem kleinen Treffpunkt am Tejo, der gerade am Abend etwas Magisches hat, auch und vielleicht vor allem für Verliebte und solche, die es werden könnten. Der Blick über das Wasser auf Lichter und Silhouette der anderen Flussseite, ein- und auslaufende Schiffe am Terreiro do Paço, das Geschrei der Möwen und die milde Brise machen diesen Ort für mich zu etwas Besonderem. Ich fühle tief in mir eine Ruhe und Gelassenheit, die mich zeitlos und fasziniert verweilen lässt. Nebenbei lässt sich das eine oder andere Foto machen, in einer speziellen Atmosphäre aus Licht und Romantik .
Lisboa ist ohne den Tejo nicht denkbar. Gilt das auch umgekehrt? Eine müßige Frage, ich weiß. jedenfalls ist diese innige Beziehung Grund für zahlreiche Artikel und Musikstücke, die die Liebe der Lisboetas zu »ihrem« Fluss in eindrucksvoller Art und Weise dokumentieren.
Also: Boot fahren, joggen, wandern, fotografieren, Romantik pur leben. In diesem Fluss steckt mehr als viele denken!